Detail
Forum A
Wie gelingt kluge Konsolidierungspolitik in Zeiten wirtschaftlicher Stagnation?
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Christian Specht
Oberbürgermeister der Stadt Mannheim -
Katja Dörner
Oberbürgermeisterin der Stadt Bonn, Vizepräsidentin des Deutschen Städtetages -
Prof. Dr. Gisela Färber
Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer -
Frank Meyer
Oberbürgermeister der Stadt Krefeld
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Albert Funk
Moderation

Knappe Kassen: Das Sondervermögen hilft, saniert aber nicht die kommunalen Haushalte.
Schwerpunkt im Forum A
Die finanzielle Situation der Städte ist dramatisch, auch Bund und Länder stehen vor fiskalischen Problemen. Es handelt sich um eine strukturelle Krise, verschärft durch die bestehende Wachstumsschwäche. Bisherige Mechanismen der Politikgestaltung stoßen an ihre fiskalischen Grenzen.
Thesen und Fragestellungen
- Erfolgreiche Konsolidierung setzt die Einsicht in die Konsolidierungsnotwendigkeit voraus. Wie kann diese Einsicht befördert werden?
- Erfolgreiche Konsolidierung kann nicht in einem Konflikt zwischen der Finanzpolitik einerseits und den verbündeten Fachbereichen andererseits stattfinden. Wie können Fachpolitiken in die Konsolidierung eingebunden werden? Helfen positive Beispiele und eine stärkere Wirkungsorientierung?
- Erfolgreiche Konsolidierung benötigt klare, in der Priorität abgestufte politische Ziele. Wie kann eine dauerhaft tragfähige Zielformulierung gelingen? Wird akzeptiert, dass die Priorisierung eines Themas die Depriorisierung anderer Themen beinhaltet? Wie kann eine Umsteuerung so gestaltet werden, dass sie nicht als "Kahlschlag", sondern als Verbesserung zu bewerten ist?
Worum geht es?
Durch die Schaffung eines Sondervermögens zur Modernisierung der Infrastruktur kann der schwierige Übergang zu einer auch fiskalisch nachhaltigen Politik abgefedert werden, aber die grundsätzliche Herausforderung bleibt bestehen: Es ist zwingend notwendig, kluge Konsolidierungspolitik zu betreiben: Prioritäten festlegen und transparent benennen, Akzeptanz finden, weder Wachstum noch gesellschaftliche Stabilität gefährden – das ist alles andere als leicht. Im Rahmen des Forums werden Erfolgsfaktoren und Hindernisse diskutiert.
Kluge Konsolidierungspolitik – nicht nur wünschenswert, sondern zwingend notwendig
Die hartnäckige Wachstumsschwäche in Deutschland ist nicht nur ein ökonomisches Problem. Sie hat gravierende Folgen für die Politikgestaltung. Ein Politikmodell der ständigen Ausgabenausweitung des Staates, die aus realen Wachstumsgewinnen finanziert werden kann, stößt an seine wirtschaftlichen Grenzen. Es wird sich – unabhängig von etwaigen Modifikationen der Schuldenbremse und der erfolgten Einrichtung eines Sondervermögens – für die Dauer der Wachstumsschwäche nicht aufrechterhalten lassen.
Auf Bundesebene werden keine neuen ausgabewirksamen Projekte in Angriff genommen werden können, sofern auf Steuererhöhungen, deutliche Verschuldung, Konsolidierung oder nicht finanzierte Aufgabenverlagerungen auf eine andere Ebene verzichtet werden soll. Bereits der Fortbestand der bisherigen Leistungszusagen wird ohne zusätzliche Finanzmittel nicht möglich sein. Für Länder und Kommunen stellen sich die Probleme angesichts der eingeschränkten Steuerungsmöglichkeiten der eigenen Haushalte in verschärfter Form.
In der Vergangenheit waren – von Konjunkturschwankungen abgesehen – mittelfristig grundsätzlich reale Zuwächse vorhanden. Die Haushaltspolitik auf Bundes- und Landesebene hat sich daher auf die Verteilung von Zugewinnen konzentrieren können. Fragen der Prioritätensetzung wurden letztlich auf die Verteilung dieser Zugewinne reduziert. Die existierenden Ausnahmen widersprechen dieser Einschätzung nicht: Ein realer Rückgang bestehender Ausgaben war lediglich im Investitionsbereich sowie beim Bundeswehretat ("Friedensdividende") zu beobachten, bei den Ländern auch im Personalbereich.
Es scheint, als haben sich sämtliche politische Akteure auf das "politische Geschäft" der Zuwachsverteilung eingestellt. Aus Sicht der einzelnen Akteure ist ein Widerstand gegen Konsolidierung im "eigenen" Bereich oftmals rational. Sofern Politik in Grundsätzen so funktioniert, stellt sich ein fundamentales Problem: Ein derartiges Politikmodell ist per se nicht in der Lage, eine Situation länger ausbleibenden Wirtschaftswachstums zu verarbeiten. Die sinnvolle Einrichtung eines Sondervermögens kann den Übergangszeitraum zu einer anderen Haushaltspolitik eventuell verlängern, ändert aber nichts an der grundsätzlichen Notwendigkeit.
Wenn das bisherige Politikmodell nicht zufriedenstellend zu funktionieren scheint, liegt es nahe, ein neues Politikmodell zu entwickeln, zu bewerben und zu praktizieren. Die Herausforderung in den Städten besteht erstens in den Räten, die nicht mehr über Ausgabenzuwächse gestalten können. Sie besteht zweitens aber auch mit Blick auf Bund und Länder: Auch wenn die Kommunen in der Vergangenheit Leidtragende einer schleichenden Überforderung von Bundes- und Landespolitik waren, so wurde dies in den meisten Fällen im Rahmen von mehr oder weniger spektakulären Rettungsaktionen wieder für die Zukunft ausgeglichen. Zwischenzeitliche Schäden wie unterlassene Investitionen blieben allerdings bestehen. Zukünftig ist jedoch zu fürchten, dass die Rettungsaktionen kleiner ausfallen oder gar ganz ausbleiben. Daher muss die schleichende Überforderung der Kommunen bereits im Vorfeld verhindert werden. Auch hierzu müssen Strategien entwickelt werden.
Es muss, so die Ausgangsthese des Forums, ein neues Politikmodell gefunden werden. Die beständige Neuausrichtung anhand sich ändernder Prioritäten, verbunden mit Konsolidierungsanstrengungen in weniger prioritären Bereichen, eine drastische Erhöhung der Effektivität und Effizienz des staatlichen Handelns und verbesserte Transparenz in allen Bereichen müssen Kennzeichen dieses neuen Politikmodells sein.
In einer Demokratie kann ein Politikmodell nur dann als erfolgreich angesehen werden, wenn es auf Sachebene das Problem löst und zugleich von einem Großteil der Bürger*innen als akzeptabel angesehen wird.
Eine bessere Finanzausstattung der kommunalen Ebene und eine neue Form des Miteinanders von Bund, Ländern und Kommunen sind unabdingbar. Diese Forderungen sollen allerdings nicht Schwerpunkt des Forums sein. Auch die Frage, wie eine erfolgsträchtige Wachstumspolitik ausgestaltet werden sollte, ist nicht Gegenstand der Diskussionen im Forum.
Gesprächsrunde
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Christian Specht
Oberbürgermeister der Stadt Mannheim -
Katja Dörner
Oberbürgermeisterin der Stadt Bonn, Vizepräsidentin des Deutschen Städtetages -
Prof. Dr. Gisela Färber
Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer -
Frank Meyer
Oberbürgermeister der Stadt Krefeld
Moderation
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Albert Funk
Moderation